Berichte rund um den Knast


Geschichten von Häftlingen



André Moussa S. schrieb am 24. August 2015

Die medizinische Versorgung hinter Gittern gerät zunehmend in den Blickwinkel! Wären die Todesfälle von Rasmane und anderen Gefangenen vermeidbar gewesen? Ist das Ermessen eines Anstaltsarzt überhaupt verfassungsgemäss? Warum greift die Anstaltsleitung nicht ein? Warum klagt die Staatsanwaltschaft so wenig an? Wir, von Knastschadenkollektiv '§' werfen der Justiz vor, das Thema klein zu reden und auch die Öffentlichkeit nicht zu informieren. Selbst wenn Anklage erhoben wird, wie jetzt im Fall von Rasmane, hat die StA Karlsruhe gegen die Anstaltsärztin Anklage erhoben, doch die Anstaltsleitung und alle Schließer, die an seinem Tod beteiligt waren, kommen davon. Ein Skandal!

Auch in den neuen Ländergesetzen hat sich nichts geändert. So ist der Arzt weiterhin der Diagnostiker, Therapeut, medizinische Berater der Justiz der dafür sorgt, das Gefangene weiterhin ausgebeutet werden mit Zwangsarbeit und der auch dafür sorgt, wer haftunfähig ist und wer nicht. Selbst für Gefangene, die in Therapie gehen, ist er der ärztliche Gutachter.

Diese Aufgabenstellung steht im klarem Konflikt zu der abhängigen Rolle in der Vollzugsbehörde. Hier muß es sofortige Änderungen geben. Der Gefangene muss die Rechte haben wie ein freier Bürger. 2 StVollzG-NW: Der Gefangene ist dem Leben der Freiheit soweit als möglich gleichgestellt! Die ärztliche Versorgung ist für den Gefangenen gleichwie in Freiheit die normale Krankenversicherung auch gleichzustellen! Doch halten sich Anstaltsärzte/Anstaltsleitung nicht an dieses Gesetz.

Hier werden die Versorgungszeiten an den Rand des Tagesablaufs gestellt (siehe Substitutausgabe) weil die Rolle der Arbeitstätigkeit von Gefangenen an erster Stelle stehen muss. Die Ausbeutung des Gefangenen geht vor die ärztliche/gesundheitliche Versorgung. Die Abläufe orientieren sich an Schichtplänen und nicht nach den Bedürfnissen der Gefangenen. Das Essen wird so ausgegeben, wie es in den Ablauf passt. Nachmedikation wird lange vor physiologischer Nachtruhe gegeben!

Wo gibt es denn in Freiheit eine medizinische Routine? Regelversorgung morgens um sechs? Nur weil hier Aufschluss in den Knästen stattfindet bekommt der Gefangene seine Früharznei um sechs. Nicht einmal in einem Krankenhaus bekommt der Patient seine Medizin so früh! Mitspracherecht in der Ausgabe von Substituten sind gleich Null. Das widerspricht einer vernünftigen Substitution, denn gerade hier soll doch der Patient lernen, mit seiner Sucht vernünftig umzugehen. Selbst bei Urlaub bekommt der Gefangene keine Möglichkeit, sich selbst in der Zeit zu versorgen. Ich selber habe seit über 5 Jahren keine Möglichkeit, mich während des Urlaubs selbst zu versorgen! Es ist an der Zeit, normale Versorgungszeiten auch in der medizinischen Versorgung Gefangener einzuführen!

Ist es nicht an der Zeit, die Gefangenen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern (was im StVollzG 1977 eingeführt wurde, doch wie bei der Arbeit wurde auch hier das Gesetz bis Heute nicht umgesetzt), die medizinische Versorgung nicht nur nach dem Äquivalenzprinzip durchführen zu lassen, sondern in der Form der kassenärztlichen Versorgung durchzuführen? Wir vom Knastschadenkollektiv '§' fordern die Justiz auf, die Einarztpolitik hinter Gittern sofort zu beenden! Man sollte endlich einschreiten. Wieviele Opfer braucht es noch?



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